Die Revolution am Monte Ceneri

Verkehrswege sind für den Menschen unverzichtbar. Schon immer wurden überall dort, wo es Mobilität gab, die Voraussetzungen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung geschaffen. Die Eröffnung des Ceneri-Basistunnels ist keine Ausnahme und in vielerlei Hinsicht geradezu revolutionär für den Verkehr in Europa, in der Schweiz und im Tessin.

 

Der Ceneri-Basistunnel vollendet die alpendurchquerende Flachbahn, deren höchster Punkt nur gerade auf 550 m ü. M. liegt. Dieses wichtige Bauwerk ermöglicht einen effizienten Schienengüterverkehr und reduziert die Reisezeiten im nationalen und internationalen Personenverkehr erheblich. Was letzteren betrifft, ist man dank der neuen Streckenführung bedeutend schneller am Reiseziel. Der neue Gotthard-Abschnitt ist eine Hochgeschwindigkeitsstrecke: Auf einer Länge von ca. 60 km erreichen die Personenzüge Geschwindigkeiten von bis zu 250 km/h. All dies setzt voraus, dass die Strecke gerade und ohne Haarnadelkurven verläuft und es keine offenen Bahnübergänge gibt. Diese heute bereits wichtige Neuerung wird in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen, denn mit der Fertigstellung der Streckenabschnitte im Norden und Süden wird es möglich sein, selbst gegenüber dem Flugverkehr auch über relativ lange Strecken noch wettbewerbsfähiger zu werden.

Die Revolution des Verkehrs vom und ins Tessin

Dank der Eröffnung des Gotthard- und des Ceneri-Basistunnels werden die Verbindungen zwischen dem Tessin und dem Rest der Schweiz nachhaltig verändert. Die Stadt Bellinzona hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Bauentwicklung insbesondere im Wohnbereich erlebt, einerseits dank ihrer besseren Anbindung an die Zentralschweiz und andererseits dank den zukünftigen Schnellzugverbindungen nach Lugano und ins Südtessin. Mit der Umnutzung des Geländes der ehemaligen SBB-Werkstätten (über 150'000 m2) ist mittelfristig der Bau von mehreren tausend Wohneinheiten vorstellbar, die die heute bereits wichtige Rolle dieser Region auf kantonaler und nationaler Ebene zusätzlich unterstreichen werden. Aber auch Lugano und Mendrisio rücken näher an den Ballungsraum Zürich (zukünftig in weniger als zwei Stunden erreichbar) und profitieren von den damit verbundenen Entwicklungsmöglichkeiten.

Die Revolution des Verkehrs im Tessin

Auch im Bereich des innerkantonalen Verkehrsnetzes bringt der neue Tunnel eine Neuerung mit sich: In Zukunft verbindet eine neue S-Bahn die drei Städte Locarno, Lugano und Bellinzona. Dabei wird Fahrzeit zwischen diesen drei Ballungsräumen halbiert. So dauert die Strecke Lugano-Locarno zukünftig noch rund eine halbe Stunde, im Vergleich zur einstündigen Fahrt heute. Dasselbe gilt für die Fahrt von Lugano nach Bellinzona, die von einer halben Stunde auf rund eine Viertelstunde verkürzt wird. Der öffentliche Verkehr wird also im Vergleich zum Individualverkehr absolut wettbewerbsfähig sein, auch dank einer beträchtlichen Erweiterung des Angebots auf Schiene und Straße. In dieser Hinsicht wird die Region Bellinzona, aber auch Locarno und seine umliegenden Täler siedlungstechnisch besonders interessant. Gerade in Regionen wie beispielsweise dem unteren Maggia-Tal, wo Bauland noch relativ erschwinglich ist, kann die neue Verkehrssituation zu einem Bevölkerungswachstum führen.

Die Revolution der Arbeit

Die Pandemie macht deutlich, dass viele Tätigkeiten auch aus der Ferne ausgeübt werden können, und dass Smart Working ein Konzept ist, das in verschiedenen Wirtschaftszweigen umgesetzt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist nicht auszuschliessen, dass die Pendlerströme zwischen dem Tessin und der Zentralschweiz in Zukunft stetig wachsen werden. Ein Konzept, das bereits verbreitet zur Anwendung kommt, besteht darin, regelmässig zwei bis drei Tage pro Woche von Zuhause aus zu arbeiten. Nicht zuletzt diese Entwicklung, und natürlich die verbesserte Anbindung, macht ein Pendeln zwischen dem Norden und dem Süden der Alpen attraktiv.

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Schweizerischer Baumeisterverband

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