Gewerkschaften gefährden Arbeitsplätze

Bei den Lohnverhandlungen 2021 haben die Gewerkschaften mit ihren überrissenen Forderungen bewiesen, dass es ihnen in erster Linie um die Selbstdarstellung geht. Mit ihrem Vorgehen haben sie Arbeitsplätze gefährdet. Das ist verantwortungslos. 

Nach drei ergebnislosen Runden wurden die Lohnverhandlungen 2021 unter den Sozialpartnern des Bauhauptgewerbes eingestellt. Für das Jahr 2021 gelten somit die gleichen Basis- und Effektivlöhne wie im Jahr 2020. Individuelle Lohnanpassungen bleiben den Unternehmen vorbehalten. 

Was im Ergebnis angesichts der aktuellen Covid19-Krise als nachvollziehbar und besonnen daherkommt, hat jedoch eine sehr bedenkliche Vorgeschichte. Hauptakteur: die Verhandlungsdelegation der Gewerkschaften bestehend aus Unia und Syna. 
Ungeachtet dessen, dass

  1. der Schweizerische Baumeisterverband mit seiner Lohnerhebung 2020 nachweisen kann, dass die Löhne im Bauhauptgewerbe 2020 durchschnittlich um 1,3 Prozent angestiegen und dank der gesunkenen Konsumentenpreise im Vergleich zum Vorjahr de facto gar um gegen 2 Prozent höher sind, 
  2. die Schweizer Wirtschaft seit März 2020 unter den Folgen der Covid19-Pandemie zu leiden hat, gesamtschweizerisch zum Beispiel die Bauumsätze im 2. Quartal 2020 um 8 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen sind und die öffentliche Hand immer zurückhaltender mit Auftragsvergaben ist,
  3. sich die Arbeitsvorräte im Bauhauptgewerbe stetig nach unten bewegen und die Aussichten für die kommenden Quartale alles andere als ermutigend sind, 
  4. im Bauhauptgewerbe für das Gesamtjahr 2020 mit einem generellen Umsatzrückgang von insgesamt 7 Prozent gerechnet wird und die Prognosen für das 2021 auch nicht viel besser sind, 

stellte die Verhandlungsdelegationen der Gewerkschaften überrissene Forderungen. 

Jahreshöchststunden bleiben 
100 beziehungsweise später noch 60 Franken sollte eine generelle Lohnerhöhung für das LMV-Personal betragen. Dazu kamen noch Forderungen nach einer höheren Mittagsentschädigung sowie eine Einmalprämie oder bezahlte Pausen am Vor- oder Nachmittag. Fantastisch erscheint hierbei die Einmalprämie. Diese rechtfertigten die Gewerkschaften damit, weil die Bauarbeiter wegen Covid19 vermehrt Überstunden leisten mussten, um Verzögerungen auf den Baustellen aufzuholen. Allerdings: Die im Landesmantelvertrag auf 2112 fixierten Jahreshöchststunden gelten trotz Covid-19. So wird folglich jede mehr geleistete Arbeitsstunde dem Bauarbeiter entweder auf seinem Gleitstundenkonto gutgeschrieben oder als Überstunde mit Zuschlag ausbezahlt. 

Effort von Baumeistern und Bauarbeitern 
Unbestritten ist den Bauarbeitern hoch anzurechnen, dass sie zu Beginn der Krise die Auflagen des Bundesamtes für Gesundheit diszipliniert eingehalten sowie auf den Baustellen die Hygiene- und Abstandsauflagen umgesetzt haben - und nach wie vor befolgen. Nur dank dem gemeinsamen Effort von Baumeistern und Bauarbeitern konnte letztendlich der Betrieb auf den Baustellen fast durchgehend aufrechterhalten werden. Und davon profitieren die Bauarbeiter mit barer Münze. Während in anderen Branchen seit einem Dreivierteljahr Kurzarbeit mit einem um bis zu 20 Prozent reduzierten angesagt ist, konnten die Bauarbeiter durchgehend beschäftigt und vor allem zu 100 Prozent entlöhnt werden. 

Stellenabbau in Kauf genommen 
Fest steht: Wären die Gewerkschaften mit ihren hanebüchen Forderungen durchgedrungen, stünden im Bauhauptgewerbe über kurz oder lang schmerzhafte Restrukturierungen mit Stellenabbau an. Wo bleibt hier die Logik und vor allem das Verantwortungsbewusstsein für die eigene Klientel? 
Klar anders sehen es die Baumeister, die genau wissen, dass ihre Mitarbeitenden ihr grösstes Kapital sind. Für sie gilt daher, so viele Mitarbeitende durch diese Krise zu bringen wie möglich. Angesichts der Unsicherheit darüber, wie sich die Bautätigkeit und Erträge in den nächsten Quartalen entwickeln werden, eine Herkules-Herausforderung. 

Öffentliche Selbstdarstellung 
Die Lohnverhandlungen 2021 haben einmal mehr schonungslos aufgezeigt, dass es den Gewerkschaften primär nicht um das Wohl der Arbeitnehmerschaft, sondern viel mehr um die öffentliche Selbstdarstellung geht. Mit überrissenen Forderungen riskieren die Gewerkschaften für ihre Interessengruppen regelmässig und mit Kalkül eher einen Stellenabbau als eine nachhaltige Beschäftigungssicherung. Interessant ist dabei die Selbsterkenntnis der Gewerkschaften, dass das Klima unter den Sozialpartnern des Bauhauptgewerbes rauer und künftige Verhandlungen somit schwerer werden. 

Realitäts- und lösungsfern 
Letztendlich müssen sich also nicht nur die Baumeister, sondern vor allem auch die Bauarbeiter die naheliegende Frage stellen, ob es solche, geistig im Klassenkampf des 20. Jahrhunderts steckengebliebene, realitäts- und lösungsfern agierende und nur noch auf die Selbstdarstellung reduzierte Gewerkschaften heutzutage überhaupt noch braucht. Gerade in Zeiten der Krise, gesellschaftlicher Not und sozialer Herausforderungen erwarten die Arbeitgeber - aber auch die Arbeitnehmer - ein gemeinsames Miteinander aller, um so den Erhalt von Arbeitsplätzen und letztendlich des sozialen Friedens bewahren zu können. Dafür braucht es Besonnenheit, Vernunft und Gemeinschaftssinn. Attribute, die den Gewerkschaften aktueller Ausprägung längst verlorengegangen sind.. 

Theodor Häner, Geschäftsführer BRB / BVSO 

Über den Autor

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Schweizerischer Baumeisterverband

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